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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.01.2003
Aktenzeichen: 3 WF 226/02
Rechtsgebiete: ZSEG, ZPO
Vorschriften:
ZSEG § 16 | |
ZPO § 404a |
3 WF 226/02
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
In dem Beschwerdeverfahren
hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde vom 28.06.2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main, Abt. Höchst, vom 24.06.2002 am 13.01.2003 beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 24.06.2002 wird aufgehoben. Die erforderlichen Anordnungen werden dem Amtsgericht überlassen.
Gründe:
Die Beschwerde ist gemäß § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig und hat in der Sache selbst dem Grunde nach Erfolg.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht auf den Antrag der Sachverständigen gemäß § 16 Abs. 1 ZSEG die zu gewährende Entschädigung im Ergebnis auf Null EUR festgesetzt mit der Begründung, das Sachverständigengutachten sei nicht verwertbar, weil die Sachverständige es unterlassen habe, für die Interviews mit der Kindesmutter einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Obgleich dies in dem angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich ausgeführt wird, scheint das Amtsgericht diesbezüglich ein Verschulden der Sachverständigen anzunehmen. Hiervon geht jedenfalls der Anweisungsbeamte aus unter Hinweis auf die Kommentierung in Meyer/Höver, Kommentar zum Zeugen- und Sachverständigenentschädigungsgesetz Rdr. 12.2 zu § 8 ZSEG.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind jedoch die Voraussetzungen, unter denen einem Sachverständigen eine Entschädigung für seine geleistete Tätigkeit verwehrt werden kann, vorliegend nicht gegeben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Gutachten, wie das Amtsgericht ausführt, tatsächlich nicht verwertbar ist oder ob nicht - wofür die gesamte Verfahrensweise des Amtsgerichts spricht - das Amtsgericht vom Inhalt des Gutachtens nur nicht überzeugt ist.
Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass es sich um ein unverwertbares Gutachten handelt, führt dies nicht automatisch zum Wegfall des Vergütungsanspruchs des Sachverständigen. Die überwiegende Meinung in Literatur und Rechtsprechung sieht einen Wegfall des Entschädigungsanspruchs des Sachverständigen nur dann gegeben, wenn diesen an der objektiven Unbrauchbarkeit des Gutachtens ein vorsätzliches Verschulden trifft oder er diese zumindest durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat (Vorsatz: OLG Koblenz BB 1993, 1975; Amtsgericht Dortmund, JurBüro 1995, 151; grobe Fahrlässigkeit: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg JurBüro 2000, 663; Oberlandesgericht Koblenz FamRZ 2001, 114; Bay. Oberlandesgericht München MDR 1998, 1123; Hartmann, Kommentar zum Zeugen- und Sachverständigengesetz, 31. Auflage, 2002, Rdnr. 46 ff. zu § 1; Meyer-Höver, a.a.O.).
Lediglich leichte Fahrlässigkeit oder Schuldlosigkeit an der Unverwertbarkeit des Gutachtens reicht dagegen nicht aus (Hartmann, a.a.O., Rdnr. 48 ff. m.w.N.).
Im vorliegenden Fall kann jedoch weder von einem vorsätzlichen noch von einem grob fahrlässigen Handeln der Sachverständigen ausgegangen werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob, wovon das Amtsgericht, aber auch der beteiligte Bezirksrevisor auszugehen scheinen, eine ausreichende Verständigung mit der Kindesmutter nicht möglich war. Jedenfalls ergibt sich aus der Beschwerde sowie aus der weiteren Stellungnahme der Sachverständigen, dass aus ihrer Sicht eine zur Erstattung des Gutachtens ausreichende Verständigung mit der Kindesmutter sehr wohl möglich gewesen ist. Sie beruft sich insoweit auch auf die Äußerung der Kindesmutter in der mündlichen Anhörung vom 14.02.2002, wonach diese auf Befragen der Richterin angegeben hat, sie, die Mutter, hätte die Fragen der Gutachterin vollständig verstanden. Ob die Mutter dies in der gerichtlichen Anhörung so geäußert hat, ergibt sich allerdings nicht aus der Akte, da es das Amtsgericht verabsäumt hat, die Anhörung der Sachverständigen und der Kindesmutter im Termin vom 14.02.2002 vollständig zu protokollieren. Letztlich kommt es jedoch nicht darauf an, ob die Kindesmutter diese Äußerung in der von der Sachverständigen geschilderten Form abgegeben hat oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass die Sachverständige davon ausgegangen ist, dass eine Verständigung mit der Kindesmutter im für die Gutachtenerstattung erforderlichen Umfang möglich war. Dass ihr diesbezüglich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln zur Last gelegt werden könnte, ist nicht ersichtlich. Zwar konnte die Sachverständige anhand der Gerichtsakten erkennen, dass zu den Verhandlungsterminen, bei denen die Parteien anwesend waren, ein Dolmetscher geladen war. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass eine Verständigung ohne Dolmetscher nicht möglich ist.
Vielmehr hätte es hier dem Amtsgericht oblegen, der Sachverständigen aufzugeben, einen Dolmetscher beizuziehen, sofern das Amtsgericht der Auffassung gewesen wäre, dass dies für eine Gutachtenerstattung erforderlich ist. Zumindest hätte das Amtsgericht die Gutachterin auf Sprachschwierigkeiten hinweisen müssen, sofern es davon ausgegangen sein sollte, dass die Sprachfähigkeiten der Mutter nicht ausreichen. Dass diese Aufgabe dem Amtsgericht obliegen hätte, ergibt sich aus § 404 a ZPO, der vom Gesetzgeber eingeführt wurde, um deutlich zu machen, dass die Anleitung des Sachverständigen Sache des Gerichts ist. Wenn in dem Beschluss, mit dem die Begutachtung angeordnet wurde, und dem Beauftragungsschreiben keine Weisungen enthalten sind gemäß § 404 a ZPO, bleibt es dem Sachverständigen Überlassen, in eigener Verantwortung abzuschätzen, ob Hilfspersonen, unter Umständen auch Dolmetscher, zuzuziehen sind. Der Umstand, dass gegebenenfalls aufgrund späterer Erkenntnisse Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Sachverständige sich geirrt hat, rechtfertigt jedenfalls nicht, dem Sachverständigen Vorsatz oder grob fahrlässiges Handeln zu unterstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht es, wie im vorliegenden Fall, unterlassen hat, entsprechende Weisungen nach § 404 a ZPO zu erteilen.
Gemäß § 572 Abs. 3 ZPO analog sind dem Amtsgericht die erforderlichen Anordnungen einschließlich der Angemessenheitsprüfung der Rechnung der Sachverständigen zu überlassen.
Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 16 Abs. 5 ZSEG nicht veranlasst.
Ende der Entscheidung
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